Mit meiner Ankündigung, meinen Blog hier öfter nutzen zu wollen, habe ich ja gleichzeitig davor gewarnt, dass ihr hier in Zukunft mehr Artikel zu Themen finden werdet, die bisher nicht so in das Spektrum dieser Seite gepasst hätten. Rezensionen von Tools, die ich nutze, eventuell sogar von Musik, persönlich eingefärbte Erlebnisse sowie hin und wieder mal eine Art Reisebericht.
Das sich Letzteres besonders während meines Aufenthalts im fernen Norwegen anbietet, wollte ich heute damit anfangen, euch von meinem bisher spektakulärsten Ausflug nach Norwegen zu erzählen.
Am ersten September-Wochenende bin ich mit einigen Kommilitoninnen und Kommilitonen für drei Tage und zwei Nächte Richtung Norden gefahren, um dort nach Trolltunga zu wandern. Für die, die davon noch nie gehört haben: Trolltunga (=“Trollzunge“) ist ein etwa 10m langer Felsen, der 700m oberhalb eines Stausees aus einer fast senkrechten Felswand herausragt. Neben einer an sich schon tollen Wanderung in unglaublich schöner Landschaft bietet der Fels natürlich die perfekte Gelegenheit für spektakuläre Selfies 😉
Die Wanderung nach Trolltunga beginnt bei Skjeggedal, was einige Kilometer östlich der Gemeinde Odda nahe des (ziemlich schönen) Hardangerfjords. Eigentlich hatten wir vor, dort in Odda eine Hytta, also eine typisch norwegische Hütte, zu buchen, allerdings war für das besagt Wochenende dort alles ausgebucht. Die Straße zum Startpunkt der Wanderung ist nämlich ab Mitte September über den Winter gesperrt, deswegen nutzte jeder die Gelegenheit, nochmal da hoch wandern zu können. Letztendlich bedeutete das für uns, dass wir uns über AirBNB ein nagelneues Apartment einige Kilometer oberhalb von Eidfjord suchen mussten. Zwar ist der Eidfjord wunderschön und unser nagelneues Apartment uneingeschränkt empfehlenswert, allerdings mussten wir am Morgen vor der Wanderung noch fast zwei Stunden mit dem Auto zum Startpunkt fahren.
Da wir für die Wanderung viel Zeit eingeplant hatten, fuhren wir so früh los, dass wir um etwa halb acht am Parkplatz (120 NOK Parkgebühr!) ankamen und starten konnten. Wir waren allerdings bei Weitem nicht die Ersten, mit uns zogen viele andere Wanderer los. Insgesamt besuchen jeden Tag mehrere hundert Touristen den berühmten Felsen!
Die Wanderung führt über knapp 12km vom etwa 400m hoch gelegenen Parkplatz bis auf etwa 1180m und wird mit 8-10 Stunden angegeben. Der erste Teil der Wanderung, bis zur 2km-Markierung, gilt als der schwierigste. Davon konnten wir uns auch gleich überzeugen: Hier geht der Wanderweg einen sehr steilen und an vielen Stellen leider sehr matschigen Hang hinauf, teilweise stufig und steil wie eine Treppe. Besonders im oberen Teil dieses Hangs, wo man praktisch in einem Bachbett läuft, machen sich dabei gute Wanderschuhe bezahlt! Nach dem zweiten Kilometer ist es allerdings erstmal etwas entspannter, man geht auf einer Anhöhe entlang und kann die ersten schönen Blicke auf umliegende Gipfel und Gletscher genießen. Etwa bei Kilometer vier wird es allerdings nochmal kurz steil, man erklimmt entlang eines sehr felsigen Hangs die letzten Höhenmeter. Ja, richtig, aber hier geht es kaum noch bergauf und man läuft mehr oder weniger auf der gleichen Höhe entlang. Allerdings wird es ab hier wieder sehr matschig und nicht zuletzt wegen der auch Anfang September immer noch (!) herumliegenden Schneereste empfehlen sich hier wieder richtige, wasserdichte Wanderschuhe! In diesem Abschnitt der Wanderung wird man für seine Anstrengungen mit vielen tollen Blicken, besonders auf den Ringedalsvatnet, über dem auch Trolltunga liegt, belohnt.
Wenn man dann nach etwa 12km am Felsen angekommen ist, erwartet einen dort oben neben der unglaublichen Aussicht eine kleine Überraschung: Eine Warteschlange! Ja richtig, je nach Tagszeit muss man wohl bis zu 40 Minuten warten, bevor man sein obligatorisches Selfie auf dem Foto machen kann. Wir hatten mehr Glück und standen nur etwa zehn Minuten, was aber wohl vor allem daran lag, dass wir schon gegen 12h mittags vor Ort waren. Wir hatten also für den Hinweg etwa 4,5 Stunden gebraucht – mit weniger Pausen dürfte man es aber deutlich schneller schaffen! Ein Teil unserer Gruppe (auch ohne große Wandererfahrung) war schon nach gut drei Stunden am Ziel!
Der Felsen selbst ist so atemberaubend und schnwindelerregend wie er immer aussieht. Trotzdem fühlt man sich darauf und auch in der Umgebung eigentlich nicht unsicher – die meisten von uns nicht einmal, als sie an der Kante saßen.
Tatsächlich gab es bis zu dem Tag, an dem wir oben waren, keine Zwischenfälle am Felsen! Wenn die Bergwacht ausrücken musste, dann zu Verletzungen, die auf der Wanderung passierten. Leider änderte sich das wenige Stunden, nachdem wir den Felsen wieder velassen hatten: Eine australische Studentin wollte nach ihrem Selfie auf Trolltunga an der Warteschlange vorbei gehen und stürzte zu Tode. Uns hat diese Nachricht, als wir sie am nächsten Tag erfuhren, ziemlich getroffen. Dennoch kann man die Wanderung als sicher bezeichnen, wenn man sich vorsichtig verhält und angemessen vorbereitet.
Für den Rückweg brauchten wir wiederum 5 Stunden, da wir noch mehr Pausen einlegten. Wieder war der steile Part, den wir dieses Mal ganz am Ende zu bewältigen hatten, das schlimmste. Der Schlamm war nicht besser geworden und inzwischen taten unsere Füße weh. Deswegen nochmals der Hinweis für eventuelle Nachahmer: Festes, bequemes und hohes Schuhwerk ist Pflicht!
Alles in allem war Trolltunga ein einzigartiges Erlebnis. Ich kann diese unglaubliche Wanderung, die zu den besten meines Lebens gehört, uneingeschränkt empfehlen. Ich denke auch, dass jeder nicht ganz ungeübte und fitte Wanderer den anspruchsvollen Weg problemlos meistern kann – es lohnt sich jedenfalls!
10 Dinge, die typisch für Norwegen sind | Neues vom Auenlaender
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